Überzeugungstäter:innen für eine inklusive Arbeitswelt

Unter dem Dach der Inklusions-Servicestelle OÖ arbeiten das Betriebsservice und die Inklusionsberatung daran, den Arbeitsmarkt inklusiver zu gestalten. Die Servicestelle des Landes OÖ startete im Sommer 2024 und hat Standorte in Linz und Ried. Petra Hofer, Ansprechpartnerin für Betriebe, und Sabine Mandlburger, zuständig für Menschen mit Beeinträchtigung, über vorhandene Ängste und den notwendigen Mut.

Welches Ziel verfolgt die Inklusions Servicestelle OÖ?

Hofer_Die Inklusions-Servicestelle verfolgt das Ziel, Menschen mit Beeinträchtigung erfolgreich in nachhaltige Beschäftigungsverhältnisse zu vermitteln. Wir begleiten bei allen Themen, die die Beschäftigung betreffen. Betriebe sollen geöffnet und Ängste abgebaut werden. 

Mandlburger_So viele Menschen wie möglich in den ersten Arbeitsmarkt begleiten. Im Erstgespräch werden Daten erhoben und es folgen zwei bis drei Termine zur Testung der Fähigkeiten. Daraus wird ein Fähigkeitsprofil erstellt, um mögliche Tätigkeitsfelder abzuleiten. Ziel ist, Anforderungsprofile der Unternehmen mit Fähigkeitsprofilen der Menschen zu matchen.

Welche Herausforderungen erleben Unternehmen, wenn sie Menschen mit Beeinträchtigung einstellen?

Hofer_Sensibilisierung aller Beteiligten im Vorfeld ist essentiell. Viele Unternehmen beschäftigen bereits selbstverständlich Menschen mit Beeinträchtigung. Damit eine langfristige Beschäftigung möglich wird, braucht es gute Rahmenbedingungen. Die Fähigkeiten der Person mit Beeinträchtigung müssen gut zu den Anforderungen des jeweiligen Jobs passen. Ein inklusives Unternehmen zu werden ist ein Prozess.

Mandlburger_Herausforderungen gibt es auf beiden Seiten. Am meisten lernen wir im Tun. Auch die Menschen mit Beeinträchtigung müssen geschult und sesibilisiert werden. Es erfordert Mut auf beiden Seiten Probleme offen anzusprechen, beispielsweise wenn Schwachstellen hervorkommen oder etwas nicht gut funktioniert.

Welche Vorteile haben Unternehmen, die Menschen mit Beeinträchtigung einstellen?

Hofer_In Oberösterreich haben wir dauerhaft einen Arbeitskräftemangel. Die Betriebe, die Menschen mit Beeinträchtigung beschäftigen können, sind bei diesem Thema einen Schritt voraus. Gleichzeitig wird es immer wichtiger, sich als attraktive:r Arbeitgeber:in zu präsentieren. Eine inklusive Unternehmenskultur wirkt sich positiv nach außen als auch nach innen aus.

Mandlburger_Auch für die Menschen mit Beeinträchtigung sehe ich nur Vorteile. Hauptsächlich geht es um die Entwicklung von Selbstwert und Selbstbewusstsein und die Möglichkeit, Fähigkeiten und Fertigkeiten einzubringen. Die Freude an der Arbeit bringt positive Energie in das ganze Team.

Gibt es Best-Practice-Beispiele?

Hofer_IKEA. Inklusion wird dort sehr aktiv vorangetrieben. Laufend finden Workshops und Kurse statt. Ein weiteres Beispiel ist Billa. Im Rahmen der Woche der Inklusion konnten die Teilnehmer:innen alle Bereiche in den Geschäften ausprobieren und es gab bereits Übernahmen in Beschäftigungsverhältnisse

Wie sehen Sie die Entwicklung der Eingliederung von Menschen mit Beeinträchtigung in den nächsten Jahren auf dem Arbeitsmarkt?

Hofer_Trotz der schwierigen Wirtschaftslage steigt die Nachfrage nach unseren Beratungen. Viele Unternehmen nutzen die Zeit um sich mit Sensibilisierungsmaßnahmen vorzubereiten. So werden sie anderen zukünftig einen Schritt voraus sein.

Mandlburger_Neuerungen, wie etwa die Rückkehrsicherheit für Menschen mit Beeinträchtigung in die Fähigkeitsorientierte Aktivität oder Geschützte Arbeit in den Werkstätten nach dem Oö. Chancengleichheitsgesetz, wirken positiv auf die Inklusion.

Hofer_Unternehmen bzw. Gemeinden bekommen als Anreiz bei einem unbefristeten Dienstverhältnis im ersten Jahr einen Lohnkostenzuschuss von bis zu 1.278,40 Euro im Monat. Weitergewährung im zweiten Jahr ist in Abstimmung mit dem Sozialministeriumservice möglich.

Was würden Sie sich wünschen, um die Integration von Menschen mit Beeinträchtigung in den Arbeitsmarkt weiter zu fördern?

Hofer_Mehr Aufklärungsarbeit auf breiter Ebene. Leider kursieren noch viele Falschinformationen, beispielsweise, dass Menschen mit Beeinträchtigung nicht gekündigt werden können. Das Thema Inklusion sollte zur Normalität in der medialen Berichterstattung werden.

Mandlburger_Mehr Mut auf allen Seiten, bei Beschäftigten, Trägern, Bezugsbetreuer:innen und Eltern. Jetzt gibt es die Möglichkeit, um Dinge auszuprobieren, wenn ein Mensch mit Beeinträchtigung „Job ready“ ist.

Gibt es ein bestimmtes Erlebnis, das ihre Arbeit besonders geprägt hat?

Hofer_Der hohe sinnstiftende Wert der Arbeit treibt mich jeden Tag an. Erfolge sind schön und man bekommt viel Positives zurück. Wir sind Überzeugungstäterinnen für eine sinnstiftende Sache.

Mandlburger_Ich brenne für die Arbeit im Sozialbereich. Zu sehen welche Potenziale sich in unserer Zielgruppe entfalten, wenn sie zeigen darf, was sie kann – das erfüllt mich.Es ist jedes Mal ein anderer Mensch mit einer anderen Geschichte und ich bin gerne Wegbegleiterin

10.6.2025