Testament und Erbrecht
Testamentsformen, gesetzliche und gewillkürte Erbfolge
Eigenhändiges schriftliches Testament
Die einfachste Form des Testaments ist die eigenhändig geschriebene und unterschriebene letztwillige Anordnung. Weiters muss es als letzter Wille erkenntlich sein und eine Erbeinsetzung beinhalten.
Die Beisetzung eines Datums ist zu empfehlen, um spätere Testamente von jüngeren unterscheiden zu können; dies ist aber kein Formerfordernis zur Gültigkeit des Testaments.
Die Beiziehung von Zeug*innen ist bei dieser Form des Testamentes nicht erforderlich.
Fremdhändiges Testament
Das fremdhändige Testament wird von einer dritten Person oder vom*von der Erblasser*in selbst mit Schreibmaschine, Computer etc. geschrieben. Es ist vom*von der Erblasser*in eigenhändig zu unterschreiben mit dem eigenhändigen Zusatz, dass die Urkunde seinen*ihren letzten Willen enthält. Zur Rechtswirksamkeit ist erforderlich, dass der*die Erblasser*in das Testament vor drei Zeug*innen, deren Identität aus der Urkunde hervorgeht, unterfertigt. Die Zeug*innen haben die Urkunde mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeug*innen hinweisenden Zusatz zu unterschreiben.
Mündliches Testament
Ein mündliches Testament kann nur in folgenden Fällen errichtet werden:
- Vorliegen von Lebensgefahr
- Gefahr des Verlustes der Testierfähigkeit
Die mündliche Anordnung hat vor zwei nicht erbberechtigten Zeug*innen zu erfolgen.
Achtung: Dieses Testament ist nur bis drei Monate ab Wegfall der Notlage rechtswirksam! Eine rasche Ersetzung durch ein schriftliches Testament ist daher unbedingt erforderlich.
Testament eines Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung
Grundsätzlich kann eine Person mit Beeinträchtigung ein Testament wie jede andere auch errichten. Kann die Person jedoch keine Willensäußerung abgeben oder fehlt es an der nötigen Entscheidungsfähigkeit, ist sie nicht testierfähig.
Erwachsenenvertreter*innen können nicht stellvertretend für die nicht entscheidungsfähige vertretene Person testieren, weil die Errichtung einer letztwilligen Verfügung ein höchstpersönliches Recht ist und damit absolut vertretungsfeindlich.
Für alle Fälle, in denen keine letztwillige Anordnung errichtet wurde, tritt nach dem Tod einer Person die gesetzliche Erbfolge ein. Das bedeutet, dass in diesem Fall das Gesetz vorgibt, wer nach der verstorbenen Person erbberechtigt ist.
Erbfähigkeit von Personen mit intellektueller Beeinträchtigung
Eine Person mit intellektueller Beeinträchtigung ist genauso erbberechtigt sowie auch erbfähig wie jede andere Person ohne Beeinträchtigung auch. Sie kann also sowohl durch z.B. Testament bedacht als auch durch die gesetzliche Erbfolge begünstigt werden. Im Rahmen des Verlassenschaftsverfahrens erhält sie also genau den Vermögenswert, den sie als Person ohne Beeinträchtigung auch erhalten hätte.
Gesetzliche Vertretung
Bei volljährigen Personen mit intellektueller Beeinträchtigung ist dabei zu überlegen, ob für die Verwaltung des geerbten Vermögens eine Erwachsenenvertretung bestellt werden sollte, die stellvertretend für die vertretene Person sowohl die Verwaltung des (geerbten) Vermögens übernimmt als auch das Verlassenschaftsverfahren selbst im Interesse der vertretenen Person abwickeln kann.
Bei minderjährigen Kindern sind zur gesetzlichen Vertretung und Vermögensverwaltung jene Personen berufen, die Obsorge für das Kind haben (Eltern, Großeltern oder Pflegeeltern).
Allerdings bedürfen manche Vertretungshandlungen einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung – so zum Beispiel auch Erbverzicht, die Ausschlagung einer Erbschaft, eine unbedingte Erbantrittserklärung, die Annahme einer mit Belastungen verbundenen Schenkung oder die Ablehnung eines Schenkungsangebots.
Die gesetzliche Erbfolge
Für alle Fälle, in denen keine letztwillige Anordnung errichtet wurde, tritt nach dem Tod einer Person die gesetzliche Erbfolge ein. Das bedeutet, dass in diesem Fall das Gesetz vorgibt, wer nach der verstorbenen Person erbberechtigt ist.
Die gesetzliche Erbquote ergibt sich aus dem Verwandtschaftsverhältnis. So stehen etwa als gesetzliche Erbquote den Kindern zwei Drittel, dem*der überlebenden Ehepartner*in ein Drittel zu. Wenn es keine*n Ehepartner*in gibt, erben die Kinder alles. (Nur wenn die verstorbene Person keine Kinder hat, kommen Vorfahren bzw. Geschwister als gesetzliche Erb*innen zum Zug.)
Beispiel: Ein Verstorbener hinterlässt eine Ehepartnerin und drei Kinder ohne Testament. Daher greift die gesetzliche Erbfolge. Die Ehepartnerin erhält ein Drittel des Nachlasses und jedes Kind erhält je ein Drittel der übrigen zwei Drittel des Nachlasses, also je zwei Neuntel.
Pflichtteil
Mit dem Pflichtteilsrecht stellt der Gesetzgeber sicher, dass ein bestimmter Teil des Nachlasses an enge Familienangehörige geht, damit diese versorgt sind. Der Pflichtteil ist die geringstmögliche Zuwendung, die eine pflichtteilsberechtige Person erhalten kann.
Pflichtteilsberechtigte sind Kinder und - falls diese schon verstorben sind - Enkelkinder der verstorbenen Person sowie der*die Ehepartner*in. Die Eltern der verstorbenen Person haben seit der Erbrechtsänderung 2017 keinen Pflichtteilsanspruch mehr. Wer - aus welchen Gründen immer - kein gesetzliches Erbrecht (Enterbung, Verzicht) mehr hat, wird nicht als pflichtteilsberechtigt angesehen. Die Höhe des Pflichtteils errechnet sich aus der Hälfte der gesetzlichen Erbquote.
Der Pflichtteil ist grundsätzlich in einer Geldzahlung zu leisten. Wenn hauptsächlich Liegenschaften oder sonstiger Grundbesitz, worunter auch eine Eigentumswohnung zählt, vorhanden sind, muss der*die Erb*in aus dem Wert, der vorhanden ist, den Pflichtteil für die pflichtteilsberechtige(n) Person(en) auszahlen, allerdings erst ein Jahr nach dem Tod der verstorbenen Person. Diese kann aber auch mit letztwilliger Verfügung die Stundung des Pflichtteilsanspruchs auf höchstens fünf Jahre nach ihrem Tod oder die Zahlung in Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraumes anordnen. ABER ACHTUNG: Auch wenn die Auszahlung des Pflichtteils erst ein Jahr nach dem Todesfall (oder durch Stundung noch später) zu erfolgen hat, so entsteht die Schuld dennoch bereits mit dem Tag des Todes. Daher werden bereits ab diesem Tag die gesetzlichen Zinsen von 4% schlagend.
Erbrechts- und Pflichtteilverzicht
Es gibt mittels notarieller Beurkundung oder auch gerichtlichem Protokoll die Möglichkeit, auf das Erbrecht zu verzichten. Damit wird auch das Pflichtteilsrecht hinfällig. Ein solcher Verzicht bewirkt den automatischen Ausschluss aus der Erbfolge, auch für die eigenen Nachkommen. Dennoch kann eine Person, die verzichtet hat (bzw. deren Nachkommen), nachträglich als Erb*in im Testament benannt werden. Der Erbverzicht ist mit dem Pflichtteilsverzicht gleichzusetzen.
Schenkung – Schenkungspflichtteil – Auflagen
Bei einer Schenkung zu Lebzeiten ist die sogenannte Schenkungspflichtteilsregelung zu beachten.
Das heißt konkret, es müssen Schenkungen, welche die verstorbene Person in den letzten beiden Jahren vor ihrem Tod an Personen gemacht hat, die nicht dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören, bei der Berechnung der Verlassenschaft hinzugerechnet werden.
Schenkungen an Personen, die selbst Pflichtteilsberechtigte sind, müssen auch dann, wenn sie länger als zwei Jahre vor dem Tod des*der Erblasser*in zurückliegen, zuerst der Verlassenschaft zugerechnet und dann auf den Pflichtteil der beschenkten Person angerechnet werden. Außer die verstorbene Person hat letztwillig verfügt oder mittels schriftlichem notariellen Vertrag mit der beschenkten Person vereinbart, dass keine Anrechnung stattfinden soll.
Als Variante der Schenkung ist auch möglich, die Schenkung mit einer Auflage bzw. Bedingung zu versehen.
Rückgriff auf Vermögen - Rechtslage seit 1.1.2018
Seit 1.1.2018 darf für Leistungen, die nach oö. ChG gewährt werden (also insbesondere auch für voll- oder teilbetreutes Wohnen und Fähigkeitsorientierte Aktivität in einer Werkstätte), nicht mehr auf das Vermögen der Person mit Beeinträchtigung zugegriffen werden, sondern nur mehr auf ihr laufendes Einkommen (z.B. Pension bzw. Waisenpension) und Pflegegeld.
Insofern ist seither eine Erbschaft oder Schenkung an die Person mit Beeinträchtigung mit Blick auf den Kostenbeitrag für Leistungen nach dem oö. ChG ohne weitere Folgen. Laufende Zinserträge oder Mieteinnahmen aus geerbtem Vermögen oder einer Schenkung sind aber jedenfalls als Einkommen zu betrachten und daher kostenbeitragswirksam.