Neue Werkstätte Linz Kapuzinerstraße: Ein Zentrum für künstlerisches Miteinander mitten in Linz

Am internationalen Tag der Inklusion wurde die neue Lebenshilfe-Werkstätte in der Linzer Kapuzinerstraße feierlich eröffnet. In der neuen Werkstätte, die sich auch „Werkstätte Kreativum“ nennt, hat die Kunst einen großen Schwerpunkt.

Nur wenige fußläufige Minuten von der Linzer Landstraße befindet sich die Werkstätte Linz der Lebenshilfe Oberösterreich in der Kapuzinerstraße mit angeschlossener Galeriefläche. Das ehemalige Bürogebäude wurde in einer zehnmonatigen Bauphase umgebaut und Anfang 2021 bezogen. Die coronabedingte verzögerte Eröffnungsfeier nimmt die Werkstätte zum Anlass, die bereits entstandenen Werke in einer ersten Kunstausstellung zu präsentieren.

Ein Ort des Miteinanders im Zentrum von Linz

Die dritte Werkstätte für Menschen mit Beeinträchtigung der Lebenshilfe in Linz beschäftigt bis zu 30 Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung. "Wir sind ein offenes Haus!", lädt Werkstättenleiter Philipp Stieglitz zum Besuch ein. Im Erdgeschoss kann den Beschäftigten bei ihrer künstlerischen Tätigkeit über die Schulter geschaut werden„Wir treten gerne in Austausch mit der Öffentlichkeit. Wer in der Stadt unterwegs ist kann gerne auf einen Besuch vorbeikommen und die Menschen hinter den Bildern kennenlernen“, sagt Stieglitz. Er wünscht sich, dass Dialoge entstehen und die Künstler*innen so auch Wertschätzung für ihre Arbeiten erfahren.

Eine Galeriefläche zur Präsentation der entstandenen Werke bietet auch Möglichkeiten, mit externen Künstler*innen zusammenzuarbeiten und gemeinsame Ausstellungen zu schaffen. „Die Beschäftigten haben in den ersten Monaten schon viele interessante Erfahrungen mit verschiedenen Arten der Kunst gemacht und es sind tolle Ergebnisse entstanden“, sagt StieglitzDiese können nun in der Galerie bei der Ausstellung „Kreativum“, der ersten Kunstausstellung der Werkstätte Kapuzinerstraße, bis Ende August besichtigt werden. Eine gemeinschaftliche Kunstaktion, an der sich die Werkstätte Kapuzinerstraße beteiligt, ist das im Rahmen des internationalen Kulturfestivals sicht:wechsel stattfindende Actionpainting „Mit dem DeLorean zurück in die Zukunft“, welches am 21. Juni zwischen 16:00 und 17:00 Uhr an der Donaulände stattfindet.

„Es gibt viele Formen der Inklusion. Sowohl der Bereich Arbeit als auch Kunst sind Wege, wo ein selbstverständliches Miteinander entstehen kann. Als Linzer freue ich mich besonders darüber, dass mit der Werkstätte Kapuzinerstraße ein Ort, wo Miteinander von allen Menschen passiert, im Zentrum von Linz entstanden ist“, so Stefan Hutter, Präsident der Lebenshilfe Oberösterreich.

„Besonders Menschen mit Beeinträchtigungen brauchen unsere Unterstützung. Als wirtschaftlich starkes Bundesland haben wir in Oberösterreich eine besondere Verantwortung und nehmen diese auch wahr. Eine regelmäßige Beschäftigung gibt Halt, stiftet Sinn und eröffnet Perspektiven. Genau dies ermöglicht die Lebenshilfe Oberösterreich in ihren Werkstätten mit Unterstützung des Landes Oberösterreich. Ich bedanke mich für die sehr gute Zusammenarbeit und wünsche den Beschäftigten und Mitarbeiter*innen der neuen Werkstätte alles Gute!“, sagt Sozial-Landesrat Dr. Wolfgang Hattmannsdorfer.

„Ich freue mich, dass mit diesem innovativen Werkstätten-Modell auch die Stärken und individuellen Begabungen der Menschen in den Mittelpunkt gerückt werden. Danke an alle, die an der Realisierung dieses Projektes beteiligt waren. Allen, die hier künftig arbeiten, wünsche ich ein gutes Miteinander und viel Erfolg“, sagt Landesrätin Birgit Gerstorfer.

Werkstätte Kapuzinerstraße: Wo Künstler*innen wachsen können

Viele der Beschäftigten der Werkstätte in der Kapuzinerstraße sind von der Werkstätte Urfahr übersiedelt, die verkleinert wird. Dort war Industriearbeit ein Schwerpunkt. Nun sind vor allem künstlerisch interessierte Menschen mit Beeinträchtigung an diesem Ort versammelt, die von den insgesamt zehn Mitarbeiter*innen bestmöglich darin unterstützt werden, unterschiedliche Techniken und Materialien auszuprobieren. „Die Leistungskraft unserer Künstler*innen in den bildenden Künsten eröffnet Menschen mit Beeinträchtigung eine Form der Teilhabe an der Gesellschaft wie in kaum andere Bereiche des Lebens. Unsere Künstler*innen sind mit den entsprechenden Förderung zu wirklich beeindruckenden künstlerischen Leistungen fähig“, sagt Mag. Gerhard Scheinast, Geschäftsführer der Lebenshilfe Oberösterreich.

So können etwa Elisabeth Hofmann und Roland Altreiter ihren Beruf Künstler vollzeit ausüben. „Die beiden haben gewaltige Entwicklungsschritte gemacht, strömen eine Leidenschaft für ihre Tätigkeit aus und haben auch schon einige Werke verkauft“, sagt Philipp Stieglitz. „Art Brut bedeutet unter anderem, dass die Künstler*innen so authentisch, unverfälscht wie möglich arbeiten können. Elisabeth Hofmann benötigt Unterstützung, um das Bild zu wenden und beim Vorbereiten der Materialien. Welche Farben sie will, fordert sie selbst ein. Aktuell ist viel Magenta dabei“, weiß Philipp Stieglitz. Unterstützt wird Elisabeth Hofmann vor allem durch Oliver Rogl, der etwa einen „Pinselkran“ konstruiert hat, um eine körperliche Entlastung zu erzielen. Aber auch abseits des Malens wird auf Selbstständigkeit und Selbstbestimmung größter Wert gelegt: So wurde beispielsweise eine spezielle Gabel besorgt, um beim Essen mehr Selbstständigkeit zu ermöglichen.

Roland Altreiter hat ebenfalls gewaltige Fortschritte in seinem künstlerischen Schaffen gemacht. Er arbeitet aktuell intensiv mit Pappmaché und formt Skulpturen daraus.

Josef Hofer und Ernst Schmid: Lebenshilfe als Wegbegleiterin für international geschätzte Künstler*innen

Die Lebenshilfe Oberösterreich ist im Bereich Art Brut keine Unbekannte. So wird etwa der international bekannte Künstler Josef Hofer seit 1985 in der Lebenshilfe begleitet. Er blickt auf unzählige internationale Ausstellungen zurück, darunter in der Schweiz, in Tokyo, Paris, Rom, Madrid, London und nicht zuletzt in New York. Noch heute wohnt das heute 77jährige Mitglied der Collection de l’Art Brut (Lausanne) in einem Wohnhaus der Lebenshilfe.

Ein weiteres über die Landesgrenzen hinaus bekanntes Zentrum für Kunst von Menschen mit Beeinträchtigung befindet sich in Gmunden, wo die Künstler*innen Ernst Schmid, Julia Rakuschan, Sophie Beisskammer, Martin Filsegger, Eli Kumpfhuber, Eva Sturmberger, Margarete Bamberger, Franz Krummholz, Christian Rebhan, Peter Kaltenböck, Sigrid Reingruber und Andreas Krötzl begleitet von der Lebenshilfe Kunst zum Beruf machten.

Sprungbrett für Inklusion in der Arbeitswelt

Auch Integrative Beschäftigung wird in der Werkstätte in der Kapuzinerstraße forciert, um Brücken der Inklusion auch in der Arbeitswelt zu bauen. In Form der Integrativen Beschäftigung werden Beschäftigte der Lebenshilfe außerhalb von Lebenshilfe-Einrichtungen tätig; zum Beispiel in Wirtschaftsbetrieben, Vereinen, öffentlichen Einrichtungen oder auch für Privatpersonen. Für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung bietet die Integrative Beschäftigung die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und ihre persönlichen Interessen und Fähigkeiten zum Einsatz zu bringen.

Zwölf der in der Werkstätte Kapuzinerstraße beschäftigten Menschen mit Beeinträchtigung arbeiten bereits im Rahmen der Integrativen Beschäftigung bei Primark (sechs Personen) bzw. Möbelix Linz (4 Personen).

Neue Werkstätte Linz Kapuzinerstraße: Ein Zentrum für künstlerisches Miteinander mitten in Linz

Vlnr: Zeljko Malesevic (Gemeinderat), Elisabeth Manhal (Gemeinderätin), Vize-Bgm. Karin Hörzing, Gerald Baumgartner (Haussprecher-Stv. WS Linz), Manuel Danner (Gemeinderat), LR Birgit Gerstorfer, Vize-Bgm. Martin Hajart, Stefan Hutter (Präsident LH OÖ)

9.5.2022